Es knackt. Der ganze Kopf aus Schokolade schmilzt in meinem Mund. Kindheitserinnerungen werden wach. Wie lange hatte ich diesen Geschmack schon nicht mehr im Mund. Ich drehe den Rest der Schokoladenfigur in meiner Hand, suche nach Bischofsmütze und Bischofsstab. Beides finde ich nicht. Meine Schokofigur ist wohl doch eher ein Weihnachtsmann und kein Nikolaus. Aber egal, sie ist trotzdem süß und einfach lecker. „Lass dir keine Hohlkörper andrehen“, höre ich eine Frauenstimme hinter mir sagen. Den Geschmack der Schokolade auf der Zunge drehe ich mich neugierig um. Sie sitzt auf einer Bank, warm eingepackt, angekuschelt an einen Mann. Er schläft. Seine Füße liegen ausgestreckt auf ihrem gemeinsamen Hab und Gut. Müde und erschöpft sitzt sie dort. Die Knöpfe ihres Mantels spannen über ihrem unübersehbaren Bauch. Als sich unsere Blicke treffen, lächelt sie mich an. Und dieses Lächeln ist keineswegs müde und erschöpft, es strahlt wie lauter funkelnde Sterne.
„Hast du schon gehört?“ fragt sie, „Er kommt! Er ist unterwegs! Er wird bleiben! Bereite dich vor! Öffne ihm dein Herz!“ Kopfschüttelnd sehe ich sie an. „Schwangerschaftsverwirrtheit“, denke ich, „kein Wunder in ihrer Lebenssituation“. Aber sie gibt nicht auf.
„Hast du gehört?“ wiederholt sie ihre Frage und fügt leise hinzu: „Lass dir keine Hohlkörper andrehen!“
Der Hinweis mit dem Hohlkörper fordert mich heraus. „Du sprichst in Rätseln“, antworte ich. „Wen meinst du? Wer ist der, der da kommt und bleiben wird? Wem soll ich mein Herz öffnen? Wann ist er da?“
Sie richtet sich auf. Streckt ihren Rücken durch. Beginnt mit ihren Fingern zu zählen: „Heute, morgen, übermorgen … noch insgesamt 18 Tage, dann ist er da. Gott wird Mensch. Ein Säugling geboren von einer Frau in schlichtester Umgebung. Sie wird ihren Sohn in Windeln wickeln und in einen Futtertrog legen, weil sie nichts anderes hat. In dieser Nacht wird der Himmel strahlen und die Engel werden jubeln und niemand wird sich der Strahlkraft und dem Jubel entziehen können. Gott wird bleiben. In seinem Sohn wird er in dieser Welt leben und aus ihr scheiden mit aller Konsequenz. Liebe und Frieden ist sein Programm.“
Sie macht eine kleine Pause. Hält ihren sich bewegenden Bauch und sagt: „Das ist die Wahrheit! Lass dir keine Hohlkörper andrehen! Sie schmecken zwar gut im ersten Moment, aber satt machen sie dich nicht!“
Dann stupst sie den Mann an ihrer Seite:
„Josef, wach auf. Wir müssen gehen. Es wird Zeit. Wir brauchen ein Dach über dem Kopf und Menschen mit einem offenen Herzen.“
Allen Leser*innen einen friedlichen, entspannten 2. Advent und einen beschwingten Start in die Woche. Bleiben Sie behütet und bewahrt.
Ruth Litzen, Diakonin für Kirche unterwegs im Südsee-Camp