
Haben Sie es schon bemerkt? Also den Esel, den Palmzweig oder die Sache mit dem Frieden? Oder sind Sie genauso überrascht wie im Dezember, wo völlig überraschend Weihnachten vor der Tür steht? Für die Weihnachtsgeschenke haben wir immerhin noch etwas Zeit. Trotzdem feiern wir nächste Woche ein Fest, dass vielleicht genauso überraschend am Horizont auftaucht wie Weihnachten: Ostern steht vor der Tür! Was der Advent vor Weihnachten ist, das ist die Fastenzeit und ganz besonders die Karwoche, die mit dem morgigen Palmsonntag beginnt. Esel, Palmzweig und Frieden: der Palmsonntag ist ein Tag voller Symbolik – und, wenn wir ehrlich sind, auch ein bisschen skurril. Jesus, der Sohn Gottes, zieht triumphal in Jerusalem ein. Aber statt auf einem prächtigen Pferd oder in einer schicken Kutsche kommt er auf einem Esel daher. Das ist ungefähr so, als würde heute jemand mit einem klapprigen Fahrrad zur Oscar-Verleihung fahren. Und doch steckt in dieser Szene eine tiefe Botschaft: Wahre Größe zeigt sich nicht in Prunk und Protz, sondern in Demut und Frieden.
Die Menschen damals haben das verstanden. Sie jubelten ihm zu, legten Palmzweige auf den Weg und riefen „Hosianna!“ – was so viel heißt wie „Hilf uns!“ oder „Rette uns!“. Ein Ruf nach Hoffnung, nach Veränderung. Auch heute könnten wir ein kräftiges „Hosianna“ gebrauchen. Angesichts von Konflikten, Krisen und einem Alltag, der manchmal mehr Stress als Freude bringt, sehnen wir uns nach Rettung – oder zumindest nach einem Moment der Ruhe und des Friedens.
Palmsonntag erinnert uns daran, dass Veränderung oft klein anfängt – mit einem Esel statt einem Streitross, mit Palmzweigen statt Schwertern. Vielleicht ist das die Herausforderung für uns heute: die Welt nicht gleich retten zu wollen, sondern im Kleinen anzufangen. Manchmal reicht es schon, wenn wir im Alltag kleine Lasten für andere mittragen: die Tür aufhalten, ein freundliches Wort sagen oder – wie in dieser Woche beim Blitzermarathon – einfach mal dem Esel weniger die Sporen geben oder den Fuß vom Gas nehmen. Auch das kann Frieden schaffen und bedeutet weniger Stress auf der Straße.
Und wenn dabei mal etwas schiefgeht und es nicht von Beginn an klappt? Dann ist das so!
Lassen Sie uns mit einem Lächeln und einem „Hosianna!“ durch diese Woche gehen. Ein (kleines) Wort, das auf seinem Weg viel bewirken kann.
Keno Eisbein, Pastor in Soltau