München-Neuhausen, beste Lage, der ortsübliche Mietpreis für eine
Wohnung liegt bei 40 Euro pro Quadratmeter. Wolfgang Fischer vermietet
die Wohnungen in seinem herrschaftlichen Haus allerdings nur für 12 Euro
pro Quadratmeter. Das liegt an seiner Großtante, erzählte er kürzlich
einem christlichen Magazin. Diese bot ihm einst Obdach. In einer eisigen
Winternacht 1962, als er wegen Erfrierungen in einem Krankenhaus
behandelt wurde und für den Rest der Nacht eine Bleibe brauchte, nahm
seine Großtante ihn auf. „Wolfi, ab jetzt hast du ein Zimmer bei mir“,
sagte sie und gab ihm einen Schlüssel. „Du sollst nie wieder draußen
schlafen müssen.“
Den Schlüssel hat Wolfgang Fischer heute noch. Aus dem jungen Mann, der halb Hippie aus Überzeugung und halb alkoholkranker Wohnungsloser war, ist der heute 80-jährige Hausbesitzer geworden. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die empfangene Wohltat weiterzugeben. „Investoren würden hier schnellstmöglich das Maximum rausholen und die Mieter rausschmeißen.“
Aber er verkauft nicht, macht Reparaturen selbst, senkt sogar manchmal
noch die Miete, wenn er es für nötig hält, und will keinerlei
Selbstauskunft seiner Mietparteien sehen. Sogar über seinen Tod hinaus
hat er schon Vorkehrungen getroffen, damit es noch lange so bleiben kann.
Wolfgang Fischer ist ein Beispiel dafür, dass jemand, der Liebe erfährt
und ein gutes Gedächtnis hat, Grund findet zur Freundlichkeit. „Wenn ich
etwas Gutes tue, fühle ich mich wohl – also mache ich es“, sagt Fischer.
Die Nächstenliebe, von welcher der christliche Glaube spricht, kommt als
Zufriedenheit zu ihm zurück. Höchste Zeit für eine sprachliche
Korrektur: „Gutmensch“ darf nicht länger ein Schimpfwort sein, sondern
sollte wieder als Auszeichnung verstanden werden.
Sören Bein, Pastor in Sülze